„Lebensbeben“, ein neues Wort, dass ich in dieser Woche hörte. Ich höre gerade das Hörbuch „Mutig sein“ von Mariann Edgar Budde, die auch hierzulande bekannt wurde durch die Predigt, die sie zur Amtseinführung des amerikanischen Präsidenten hielt. Lebensbeben, diese Übersetzung des Kunstwortes „lifequake“, beschreibt ein Ereignis im Leben, das dem Leben eine Wendung gibt. Dabei können die Beben im Leben sehr unterschiedlich stark sein und bei jedem andere Spuren hinterlassen.
Budde berichtet aus ihrer Lebensgeschichte, von der Trennung der Eltern, von Entscheidungen ihrer Berufung, von Erfahrungen in ihrem Dienst. Auch andere Lebensgeschichten kommen zur Sprache. Besonders berührt hat mich, der Bericht, wie Vertrauen gewachsen ist, als sie und andere sich ihre Lebensgeschichten erzählten. Und ja, nicht nur die guten und schönen Seiten, sondern aus Zeiten der „Lebensbeben“. Was hat Dein Leben erschüttert? Wo sind Träume zusammengefallen? Wann gab es Brüche im Leben? Durch den Austausch haben sich die Anwesenden besser verstanden, Gemeinsamkeiten entdeckt, so unterschiedlich ihr Leben und Glauben auch war.
Wie Budde und die anderen im Hörbuch hätte ich mich mit Berichten aus meinen Jugendjahren einreihen können in die Reihe der Erzählenden. Denke ich an meinen Bekannten- und Freundeskreis, haben so manchen Erfahrungen und Ereignisse im Kindes- und Jugendalter die Weichen für die Zukunft gestellt. Auch in späteren Jahren erleben Menschen „Lebensbeben“, seien es schmerzhafte Erfahrungen wie Verluste von Menschen, Aufgaben, Gesundheit, oder Berufungserlebnisse, Neuanfänge, Naturereignisse, die dem Leben eine Wendung geben. Da denke ich z.B. an Paulus vor Damaskus, nachzulesen in der Bibel, Apostelgeschichte 9. Bis heute ist diese Szene bekannt unter dem Begriff „Damaskuserleben“ statt Lebensbeben, doch am Ende ist es dieselbe Wirkung: das Leben geht anders weiter. Da denke ich an Menschen im Ahrtal, deren Leben nach 2021 sich neu ausrichten musste, und ich denke an Menschen in den Kriegs- und Krisengebieten dieser Welt, aus denen täglich berichtet wird. Wir gedachten in dieser Woche an den Angriff der Hamas 2023 und den Anschlag von Halle (Saale) 2019 – Lebensbeben für Einzelne, Städte, Nationen.
Ereignisse und Begebenheiten haben mich zu der Frau gemacht, die ich heute bin. Da gibt es Beben und Wiederaufbau, Narben und Heilung, schmerzhafte Prozesse und schöne Momente in meinem Leben. Ich habe meine Geschichte, so wie Budde ihre, und Du Deine. Meine Hoffnung und Erfahrung ist, dass es menschlicher und barmherziger, wärmer und heilsamer wird, wenn wir einander unsere Geschichten erzählen und die „Lebensbeben“ nicht verschweigen, sondern teilen. Vielleicht verstehen wir dann auch einander besser und entdecken sogar Gemeinsamkeiten?
Claudia Sokolis-Bochmann
Pastorin Claudia Sokolis-Bochmann ist sonntags um 10 Uhr im Gottesdienst und 14-tägig mittwochs um 15 Uhr zum Bibelgespräch anzutreffen, ebenso am letzten Freitag im Monat von 15-17 Uhr zur KaffeeZeit.- Treffen und Termine können auf Nachfrage zum Gespräch und gemeinsamen Nachdenken mit ihr vereinbart werden.
